13.11.2013
Offenstallhaltung
Unter freiem Himmel auch im Winter
Auch im Winter fühlen sich Pferde im Offenstall wohl. Vorausgesetzt, das Haltungsmanagement stimmt.
Es sind -10°C, es schneit, von den Bäumen hängen Eiszapfen in die eisige Luft. Bei diesem Wetter hilft nur eins: Thermostiefel mit doppeltem Wollsockenschutz, Skijacke und Schneehose werden aus dem Schrank geholt. Und auch das Pferd sollte möglichst warm eingepackt werden – mindestens mit dicker Thermodecke, möglichst im warmen Stall. Zumindest scheint das usus in vielen Ställen. Tatsächlich aber werden sich die meisten Pferde auch im tiefsten Winter unter freiem Himmel am wohlsten fühlen.
Kälte ist also kein Argument gegen die ganzjährige Haltung im Offenstall – im Gegenteil. Wirft man einen Blick in die Natur, wird deutlich, dass sowohl frische Luft als auch das Tageslicht ein wichtiger Bestandteil des ursprünglichen Lebensraums sind. Pferde sind Fluchttiere und fühlen sich in der Herde am wohlsten, ihr natürlicher Lebensraum befindet sich unter freiem Himmel. Dort halten sie nicht nur großen Temperaturschwankungen stand, sondern auch starken Winden. Schaden tut ihnen das nicht – wildlebende Pferde sind nach wie vor die gesündesten ihrer Art. So stellte das Johann Heinrich von Thünen-Institut in seiner Sonderveröffentlichung „Pferdezucht, -haltung und -fütterung“ fest: „Pferde bewegen sich in freier Natur in ihrer Herde über weite Strecken langsam und gleichmäßig vorwärts, um ihren Futterbedarf zu decken. Zugleich wird durch die Bewegung an der frischen Luft die Selbstreinigung der Atemwege ermöglicht. Durch das Leben als Wildpferd wurden bestimmte Eigenschaften nachhaltig geprägt, wie die hohe Sensibilität gegenüber Umweltreizen, eine schnelle Flucht vor angreifenden Feinden, eine große Ausdauer und eine starke Toleranz gegenüber sehr hohen und tiefen Temperaturen. Die Grundbedürfnisse unserer heutigen Hauspferde sind daher noch immer die tägliche Deckung des Bewegungs- und Futterbedarfs sowie ausreichende Erholungsphasen, Frischluftzufuhr und die Erfüllung ihres Komfort- und Sozialverhaltens.“
Frische Luft tut gut
So verwundert es auch nicht, dass Pferde nicht durch offene Stalltüren im Winter erkranken – im Gegenteil: Je luftiger der Stall, desto gesünder ist die Haltung fürs Pferd. Während vielerorts die Fenster geschlossen werden, sobald das Thermometer unter die 0-Grad-Marke klettert, freuen sich die Pferde auch oder gerade im Winter über die Möglichkeit, frische Luft zu atmen. Als Fluchttier sind sie mit einem sehr leistungsfähigen Atmungssystem und großem Lungenvolumen ausgerüstet, das jedoch besonders empfindlich gegenüber schlechten Luftverhältnissen reagiert. Während die Wohlfühltemperatur des Menschen bei 20 Grad liegt, genießen Pferde deutlich kühlere Temperaturen - sie fühlen sich bei -5 bis +10°C am Wohlsten. Kälte hat zudem einen positiven Nebeneffekt, denn sie stärkt das Immunsystem.
Schnell wird deutlich: Wenn die Temperaturen fallen, müssen Pferde keineswegs von der Offenstall- in die Boxenhaltung wechseln. Damit sie auch im Winter in der Herde unter freiem Himmel fit bleiben, gilt es aber, einige wichtige Punkte zu berücksichtigen. So sollte es mindestens einen von drei Seiten geschlossenen Unterstand geben, unter dem die Pferde bei Bedarf Schutz vor Wind und Wetter finden. Um das Klima unterm Dach noch zu verbessern, kann der Eingang mit schützenden Lamellenvorhängen versehen werden – sie sorgen dafür, dass es im „Stall“ einige Grad wärmer ist und Schnee nichts ins Innere wehen kann. Fenster können darüber hinaus mit Windschutznetzen ausgestattet werden, sodass die Offenstallbewohner vor Zugluft geschützt sind.
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